Willkommen im Paradies?

Ich sitze im Wohnzimmer und knabbere von einem Plastikteller an einer ungetoasteten Scheibe Weißbrot. Es ist 12 Uhr mittags, 6 Uhr morgens in Deutschland und wenn ich das oft genug wiederhole könnte ich fast stolz drauf sein, dass ich so ‚früh‘ wach bin. Die Luft liegt wie jeden Tag unbewegt im Raum und wartet förmlich darauf durch Ventilatoren und Klimaanlagen durchgewirbelt zu werden. Ich beschließe die Klimaanlage nicht anzuwerfen, allein schon, weil ich die Nebenkosten meines Gastgebers nicht zum Explodieren bringen möchte. Vielleicht gewöhne ich mich so auch schneller an die feuchte warme Luft.
Es ist mein 6. Tag auf diesem kleinen Inselstaat und noch immer habe ich keine Wohnung gefunden. Es ist nicht sehr einfach eine passende, uninahe Unterkunft zu finden, wenn das Budget, wie bei mir, sehr klein ist. Ich gebe dennoch nicht auf und hier und da taucht mal ein preisgünstiges Angebot auf. Das Dilemma bei den meisten Zimmern hier ist zunächst, dass es zwei verschiedene Wohnkomplex-Typen gibt.

Zum einen das Condominium, kurz Condo, welches preishöher, dafür aber meistens moderner und luxuriöser ausgestattet ist. Die Hochhäuser sind immer umzäunt, von Sicherheitspersonal bewacht und beinhalten in den meisten Fällen neben einem Swimmingpool (bei dem Wetter die Investition echt wert) noch einen Grillplatz, ein Fitnessstudio und sogar Tennisplätze. Häufig werden diese daher von Geschäftsmännern und -frauen gmietet. Mein Budget könnte gerade so für eines der kleineren Räume reichen, allerdings waren diese bis jetzt nicht gerade nah an der Universität dran und wenn doch, dann schoss der Preis durch die Decke.

Die zweite Art heißt HDB und ist einer Wohnung in einem deutschen Wohnblock zu vergleichen. Da gbt es keinen Schnick-Schnack, denn schließlich sind sie manchmal um die Hälfte günstiger, als die Condoräume. Einige konnte ich in den letzten Tagen schon ansehen, die wenigsten in Uninähe. Je näher diese dran waren, desto älter und renovierungsbedürftiger waren diese.

Die Frage, die sich also stellt ist, ob ich mehr an Miete zahlen möchte aber dafür an Transportkosten spare oder umgekehrt. Mittlerweile bin ich sogar bei meinem Budget etwas weiter hochgegangen, wenn ich dafür nicht 100$ im Monat für den ÖPNV  ausgeben muss. Der ist zwar im Vergleich zu Deutschland um einiges günstiger, aber sehr viel teurer, wenn man beachtet, dass ich in Saarbrücken das Semesterticket bezahlen muss, welches mir ‚freie‘ Nutzung der Transportmittel gewährt.

In den ersten Tagen durfte ich bereits erfahren, wie gastfreundlich und hilfsbereit die Singapurer sind. Viele kommen von den benachbarten Staaten hier her um eine bessere Anstellung zu finden, denn schließlich zahlen die ausländischen Firmen einiges mehr, als die beheimateten. Sie wissen daher, wie schwer der Neuanfang ist und vor allem wie hart es sein kann eine Wohnung zu finden. Ich hatte das Glück bei Min und Jip als Gast bleiben zu dürfen, welche ich auf couchsurfing.com vor Ankunft angeschrieben hatte. Sie hätte noch ein Zimmer frei, welches ich für eine Weile ohne Kosten beziehen dürfte. Was sie mir nicht sagten ist, dass die Wohnung nur aus zwei Schlafzimmern bestand und beide Männer sich eins teilten, damit ich unterkommen kann.
Auch andere Kontakte auf der Website habe ich persönlich kennenlernen dürfen. Ob es bei der Einladung zum Mittagessen oder zum Feiern am Wochenende war, alle waren sich in einem Punkt gleich: selbstlose Hilfe. Mittlerweile habe ich einen kleinen Freundeskreis, mit dem ich mich wohl auch künftig treffen kann und ich fühle mich etwas wohler in diesem neuen Land.

Ein Fakt zum Schluss: Wohnungen in Singapur beinhalten immer eine sehr schöne Küche. Aber kaum einer kocht.

Irgendwo kurz vor Doha
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Orchard Road
Weltrekord für das größte vertikale Pflanzenbeet :D
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Hor Fun und gebratener Reis - solche Gerichte kosten umgerechnet keine 2€ pro Teller!
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Tempura Noodles, das beste, was ich bis jetzt essen durfte ( Sims Avenue)
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Veeramakaliamman Tempel in Little India
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